Diesen Beitrag habe ich vor wenigen Wochen verfasst, er war bestimmt für genau diesen, heutigen Tag… Für meine Familie. Aber selbstverständlich auch für Euch zum Lesen.
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In diesem Moment, in welchem ich diese Zeilen hier schreibe, sitze ich an einem der offiziell schönsten Fleckchen der Erde. An einem Strand. In der Karibik. Ich lausche den Wellen des Ozeans, habe Sand unter meinen Füßen, eine leichte Brise weht durch mein Haar. Der Abend ist lau und in der Ferne höre ich karibische Klänge, die aus einer Strandbar kommen.
Die Nacht an sich ist dunkel, aber überall erstrahlen sanfte Lichter von Hotels, Restaurants und Bars am Strand. Die Palmenblätter wehen im Wind, ich schaue aufs dunkle Meer hinaus, das vom Mond angestrahlt wird.
Die letzten zehn Tage habe ich auf dieser Insel verbracht, aber erst heute, heute an meinem letzten Abend, werde ich melancholisch und freue mich auf Zuhause. Auf nichts mehr als auf mein Zuhause. Auf meine Familie, die daheim auf mich wartet; für mich das Wichtigste auf der Welt. Mein Sinn des Lebens. Mit ihr verbinde ich alles Gute auf dieser Erde, all die schöne Zeit, die ich in meiner Kindheit und in meinem erwachsenen Dasein mit ihr verbringen durfte und Gott sei Dank immernoch darf.
Mittlerweile bin ich – wie sagt man doch gleich so schön – thirty and something. Eine alte Kuh, wie mein charmanter Mann manchmal mit einem lieben Lächeln sagt 🙂 Naja, ok, wirklich „alt“ bin ich noch nicht, aber zumindest bin ich schon lange nicht mehr grün hinter den Ohren.
Ich will nicht sagen, dass die Erkenntnis, dass Familie im Leben einer der wichtigsten Pfeiler ist – wenn nicht sogar der wichtigste überhaupt – erst im Erwachsenenalter kam. Nein. Ich wusste das schon immer. Schon als kleines Kind war ich ein sehr nachdenkliches Wesen, ein innerlich wahrlich dankbarer Mensch, jemand, der sich unglaublich viele Gedanken über das Leben, den Sinn dahinter, die Unendlichkeit, den Tod, Krieg und Frieden und auch über seine Familie gemacht hat. All diese tiefgründigen Gedanken, diese nachdenklichen Phasen, diese melancholischen Momente, all das ist nicht neu für mich.
Nachdenkliche Lebensabschnitte waren und sind nicht immer leicht, weil sie einen manchmal auch trübsinnig und traurig machen. Aber wie das oftmals so ist, man verdrängt sie im Erwachsenenalter irgendwie ziemlich oft und manchmal auch geradezu gerne. Der Alltag lässt es in der Regel ja auch erst gar nicht zu, dass man zu lange und zu intensiv über das Leben nachdenkt. Man hat dazu überhaupt keine Zeit. Jeden Tag erwartet uns unser Pflichtprogramm, das wir runterrattern. Wir funktionieren, wir stehen auf, arbeiten, essen, erledigen unsere TO-DO-Liste, versorgen die Familie, kommen eventuell noch einem Hobby nach und fallen abends totmüde ins Bett. Und das jeden Tag aufs Neue. Theoretisch haben wir keine Zeit zum Nachdenken übers Leben. Wenn aber doch, dann kommen wir spätestens bei der Sinnsuche in unserem Leben oftmals an unsere Grenzen. Was ist unser Sinn? …Diese Gedanken sind anstrengend, stimmen einen gerne auch mal depressiv, aber sie öffnen einem oftmals auch die Augen und haben dadurch etwas Gutes. Sie zeigen uns, dass unser Leben auf der Erde erstmal endlich ist und dass wir jeden Augenblick, den wir – von wem auch immer – geschenkt bekommen, schätzen und auch genießen sollten. Wir sollten dankbar sein, wenn wir liebe Menschen um uns haben, für die wir wichtig sind und die sich für uns interessieren. Wir sollten jeden verdammten einzelnen Tag so leben als wäre es unser letzter. Ok, ich weiß, das funktioniert nur bedingt, aber dennoch können wir jeden Tag aufwachen und froh sein, dass wir noch da sind und um uns Menschen sind, die wir lieben und die uns lieben. Gerade in unruhigen Zeiten wie diesen, in denen die Welt verrückt zu spielen scheint.
…Eigentlich bin ich ein fürchterlich vergesslicher Mensch. Nicht nur, dass ich heute schon nicht mehr weiß was ich gestern gegessen habe (obwohl mir mein Essen ja echt heilig ist wie Ihr wisst!). Nein, ich vergesse leider gerne einfach mal alles in meinem Leben. Die unwichtigeren Dinge, leider hin und wieder aber auch die wichtigeren und schönen Dinge, die ich erleben durfte oder an die ich mich erinnern sollte. Schlimm, ehrlich! Sei es der Schlüssel, der beim Türzumachen noch hinter der Tür liegt, den Zahnarzttermin, den ich schon vor Wochen ausgemacht und eigentlich auch ins Handy eingetragen habe (wobei das wahrscheinlich mein Unterbewusstsein automatisch steuert, weil es sich weigert dorthin zu gehen), ich vergesse beim Runterlaufen in den Keller warum ich jetzt eigentlich in der Keller laufe, ja, ich vergesse sogar hin und wieder fast die Geburtstage der wichtigsten Menschen, die ich um mich rum habe… Ich hab schlicht und einfach einen Sieb als Hirn (wer sich jetzt fragt wie ich es zur Rechtsanwältin geschafft habe mit Abitur, Studium, zwei bestandenen juristischen Staatsexamina und allem was dazu gehört…. das kann ich auch nicht so genau beantworten 😀 Auswendiglernen war noch nie meins. Da ich aber schon immer Fan vom „minimalen-Input-maximalen-Output-Motto war, half ein wenig Struktur beim Erfolg und eventuell auch ein kleinwenig Begabung.
Umso erstaunlicher ist es, dass ich an Abenden wie dem heutigen, in völliger Ruhe im Sand sitze, der Natur lausche und mich in all der in mir emporsteigenden Melancholie die Gedanken und Erinnerungen an früher überkommen. Plötzlich sind sie da, die Erinnerungen. Die Erinnerungen an meine Kindheit. An meine Jugend und auch an die letzten Jahre. Plötzlich denke ich an all die zahlreichen Urlaube, die meine Eltern mit uns unternahmen. An so unendlich viele schöne Erlebnisse, die wir mit und dank ihnen erleben durften. An all die schönen Flecken auf dieser Welt, die sie mit uns besuchten. In mir kommen Gefühle auf von früher, Erinnerungen an Erlebnisse, Atmosphären, Gerüche. An unglaublich viele Details der Reisen. An schlimme Momente – als z. B. mein Bruder auf einer Myanmarreise vor über 10 Jahren mitten in der Pampa nachts den Eindruck machte er würde an einer Lebensmittelvergiftung sterben und zunächst weit und breit keine Hilfe da zu sein schien… bis dann die kleine gute „Kräuterhexe“ auf einem Rad herbeigefahren wurde und ihn erfolgreich versorgte- , aber auch an lustige Momente, die wir als Familie erlebten. Als mein Bruder und ich den Satz „Just a Moment please “ nach unserem Australienurlaub zum Satz des Jahres kürten oder als das Wort Ähnänäääs eine ganz eigene Bedeutung bekam. Kleiner Insider, sorry, kann ich Euch nicht erklären… Ich erinnere mich an Weihnachten im Schnee mit den Großeltern, an die vielen Heiligabende, die wir gemeinsam verbrachten, wenn wir mit Bowle zusammen im Wohnzimmer saßen und alte Fotos anschauten.
…In diesem Moment ringe ich mit meinen Tränen, weil so unglaublich viel Zeit bereits vergangen ist. Ich kann es nicht erklären, die meisten Erinnerungen sind wunderschön, aber vielleicht machen sie mich auch gerade deshalb so wahnsinnig melancholisch. Weil sie rum sind. Und weil sie nicht wiederkommen. Ich sitze da und denke nach. Und die Erinnerungen werden nach und nach wacher…
Plötzlich bin ich zurück in Myanmar von 2005, in welchem es noch keine offenen Grenzen gab, kein Handynetz, kein gar nichts. In welchem der Aufbau einer Verbindung ins Internet – welche es ohnehin nur in ein oder zwei der größeren Hotels gab – bzw. einer einzigen Seite ca. 5 Minuten dauerte. Ich bin zurück in dem Land, in welches uns mein reisefreudiger Bruder schleppte, von welchem ich zuvor nicht mal wusste wo es sich auf dieser Erde überhaupt befindet. Ich bin zurück in einem der bedeutsamsten Urlaube, die wir als Familie wohl je gemacht haben. In einem Land, das mich die ersten zwei Tage schockierte und von einem Moment auf den anderen erdete und schlussendlich grenzenlos begeisterte. Ein Land und eine Kultur, das mit seinen Menschen meinen Geist befreite. Eine Reise, die mich frei fühlen lies. Die mich wahrlich „Back to the roots“ brachte. Ich denke an Mandalay zurück, an die Abendsonne, die am Ende der langen Straße sichtbar war. Ich befinde mich am Strand Ngapali, den ich am frühen Abend entlang joggte und mich frei in Raum und Zeit fühlte. Ich höre die Musik von damals, ich schmecke den Lobster wieder, den wir in einem kleinen lokalen „Restaurant“ gegenüber unserem Hotel dort aßen. Ich bin zurück in Bagan, hoch oben auf einem der unzähligen Tempel, die wir erklommen haben und wir beobachten den Sonnenuntergang. Die einheimischen Frauen am Fuße der Tempel rauchen ungewöhnlich große Zigarren. Wir befinden uns wieder in der Schwedagon Pagode und bewundern die Tempel, die Aussicht und die Mönche. Wir schippern über den Inle See, ich sehe den blauen Himmel. Ich fühle mich frei…
Danke an meinen Bruder, der uns dortin brachte. Unvergesslich!
Im nächsten Moment denke ich zurück an Australien im Jahr 2000, an die unglaublichen Städte, die wir gesehen haben, an die Landschaft, die wir erkunden durften. An die Strände, an das Tauchen, an die Tiere, die wir sahen. An unseren kleinen Bungalow, unter dem ein riesiger Leguan hauste. Ich erinnere mich an die Hafenpromenade in Cairns, an den Ayers Rock, an Melbourne und auch an Sydney (die wohl schönste Stadt, die ich je gesehen habe). An die ewigen Strecken, die wir mit dem Bus auf dem Weg ins Landesinnere durch den roten Sand zurücklegten. Ich laufe in Sydney wieder über die Harbour Bridge, wir sitzen gemeinsam in einem Restaurant und schauen auf die Oper. Wir fahren mit einem Schiff raus aufs Meer, ich tauche am Great Barrier Reef… In diesem Moment kann ich sogar die Luft riechen…
Und nur kurz darauf bin ich nun schon wieder weiter, jetzt in Südafrika vor 20 Jahren (20 Jahre!!!). Im wundervollen Kapstadt, am Kap der guten Hoffnung mit seinen Pinguinen, in der Bucht und auf dem Hügel von wo aus man Wale sehen konnte. Ich sehe meine Eltern vor mir, wie sie für ein Foto posieren…
Wir sitzen zusammen an einem Tisch auf einem Weingut und ich futtere einen Salat, dessen Dressing mit Zucker gemacht war (was für mich damals ein recht neues Erlebnis war). Wir gehen auf Safari und entdecken alle großen Tiere, die Big Five. Ich befinde mich wieder in dieser unbeschreiblich schönen Lodge mitten im Nationalpark. Auf der hohen Holzterrasse, von welcher aus man auf den Fluss hinabschauen und Elefanten beobachten konnte. Wir blicken hinauf auf den schönsten Sternenhimmel, den man sehen kann und womöglich jemals sehen wird, wir entdecken die Milchstraße, umherwandernde Satelliten. Ich rieche den Duft der Blütenseife und des Blütenshampoos, das es im Bad in der Lodge gab (ein Duft, den ich nie vergessen habe) und wir sehen das Londolozi-Chicken umherrennen, das es übrigens auch beim großen BBQ abends gab. Wir frühstücken auf dieser meterhohen Terrasse, die auf Stelzen gebaut wurde und beobachten von dort aus Elefanten am Fluss ganz in der Nähe…
Dieses grandiose Camp hieß Londolozi Camp,für alle, die mal reinschauen wollten, das Camp gibt es nach wie vor.
Zum Schluss verbringen wir noch einige Tage in einer der beeindruckensten Anlagen, die es auf der Erde gibt und schwimmen in einem der schönsten und ruhigsten Pools, den wir je erlebt haben. Wir befinden uns in Sun City und zwar im Palace von Lost City, mitten in Südafrika. Die Zimmer sind riesig, es gibt Pralinen als Betthupferl und ich bekomme zum Geburtstag eine kleine Torte. Und überhaupt, alles ist hier grandios! Alles!
Und schwupps di wupps geht es schon weiter auf meiner, auf unserer Reise. Nun befinde ich mich wieder in den USA der 90-er Jahre. Wir stehen an der Golden Gate Bridge in San Franciso, auf dem berühmten Hügel vor der noch berühmteren Häusern der Stadt. Wir sind in Disneyland in Los Angeles, am Venice Beach, wir laufen über den Strip in Las Vegas… Wir wandern durch die Wüste Arizonas und als Paps beim Dinner sein Steak welldone bestellt, bekommt er einen Cowboystiefel auf dem Teller serviert (keiner, wirklich KEINER bestellt dort nämlich sein Steak WELLDONE. Schmeckt dann nämlich gerne zäh wie altes Leder -> deshalb auch der Lederstiefel auf dem Teller) und wir treiben auf aufblasbaren Ringen unter der brennnenden Wüstensonne durch einen künstlich angelegten Fluss von einer unglaublich tollen Poollandschaft.
Wir liegen am Strand von Hawaii. Wir fliegen die Insel Maui mit einem Hubschrauber ab und bewundern die Natur, die Berge und all die Wasserfälle, die im Urwald hinunterrauschen. Wir genießen das beste, üppigste und leckerste Frühstück, und wir kosten von der süßesten Ananas, die wir je gegessen haben…
An der nächsten Station in meinen Gedanken befinde ich mich plötzlich auf unserer Reise auf die Malediven als ich ungefähr 10 Jahre alt war. Genauer gesagt auf die Insel Kurumba. Ich denke zurück an die weißesten Strände, an das türkisfarbene Meer, an die Fische, die wir im niedrigen Wasser füttern. An das Inselhopping, das wir an einem Tag unternehmen, an die vielen Muscheln, die man dort sammeln kann, oder an die abendlichen Strandbesuche im Dunkeln, bei denen wir mit Taschenlampen bewaffnet die unzähligen Krebse beobachten. An die Cocktailbar an welcher mein Bruder und ich am liebsten alkoholfreien Pina Colada trinken. …An die Tischtennisplatte, die beim kleinen Pool steht und an welcher wir das ein oder andere Match ausfechten. An den Ausflug nach Malé, bei welchem wir mit farbigen Fischen bedruckte T-Shirts bekommen. An den im Sand eingegrabenen Rochen, der mich beim Schnorcheln zu Tode erschreckt als er plötzlich beginnt sich zu bewegen… An die Sandburg, die wir zusammen bauen und mit Hibiskusblüten verzieren, und an das Hochseefischen, bei welchem wir nicht einen einzigen Fisch fangen. Ich denke zurück an den einen Tag, welchen ich auf der Toilette verbringe, weil es mir so schlecht geht. Und ich erinnere mich an das frisch verheiratete Ehepaar, das wir auf der Insel treffen. Ich erinnere mich an den täglichen kurzen Regenschauer, an die Geräusche und den Geruch. Ich bin plötzlich wieder 10 Jahre alt, 25 Jahre in der Zeit zurück und befinde mich wieder auf den Malediven, die schönsten Inseln, die ich je gesehen habe. Gemeinsam mit meinem Bruder und meinen Eltern.
…Ich sitze hier und genieße die Gedanken, die Erinnerungen, die allesamt plötzlich wieder da sind, je mehr ich darüber nachdenke und in diesen Erinnerungen schwelge, desto mehr Details ploppen jede Sekunde in meinem Kopf auf. Ich erinnere mich an sooo viel! Es wird immer mehr! Und ich FÜHLE das, was ich damals auch gefühlt habe.
Ich bin zurück in der Türkei im Robinson Club Pamfilya 1986. Mein braun gebrannter kleiner Bruder hüpft im Pool rum und lacht mit „Joshkun“, welcher im Hotel arbeitete, immer für ein Späßle zu haben war und auf einem Tablett essbare Seesterne am und im Pool servierte. Ich probe für die Theateraufführung, die wir im Kids Club durchführten und abends im großen Teatro präsentieren. Ich trage ein Armband, mit dessen einzelnen Perlen man in der gesamten Hotelanlage bezahlen konnte. Und ich sausse die Wasserrutsche hinunter. Ich baue am Strand eine Burg, gewinne im Sandburgen-Contest aber leider keinen so hübschen blauen Glasanhänger. Dafür baut unser Paps anschließend die mit Abstand genialste Sandburg von allen und ich bin stolz wie Oskar. Selbst zwar keine Burg bauen können, dafür aber einen Papa haben, der die allerallerallerschönste Burg bauen kann. Ich verbrenne mir die Füße im heißen Sand und befinde mich urplötzlich auch wieder in unserem Hotelzimmer zurück. Ich denke an die Elefanten-Parade, die wir Kinder vorführen und an meinen kleinen Bruder, für den es für die Vorstellung als einzigen keine Elefantenohren mehr gibt und der vor lauter Enttäuschung (oder war es Wut?! 😉 ) die Tränen nicht zurückhalten kann. Nur gut, dass wir nicht nur den tollsten Papa, sondern auch die tollste (und schönste) Mama haben, die uns jede Träne trocknet. Ich sehe die Eisskulpturen vor mir, die wir abends am Buffet bestaunen und ich bin wie immer mit meiner Familie zusammen… Gemeinsam. Das ist es worauf es ankommt.
Italien. Was waren wir in den 80-er Jahren gerne in Italien. Im wunderschönen Haus meiner Großeltern am Hang von Bardolino mit Blick über den Gardasee. Mit großem Pool, Olivenbaum und Palmen. Oma und Opa sind auch mit dabei. Papa würfelt morgens den frischen Knoblauch klein, den wir am liebsten auf einem Butterbaguette essen. Mama kocht Pudding für uns. Abends geht es nach Bardolino rein, wir laufen die Hafenpromenade entlang. Es gibt Pizza und Pasta, und mein Bruder und ich dürfen in unseren „Superladen“ (da gab es immer tolle Scherzartikel und anderen grandiosen Krempel). Wir schlendern am Markt entlang und kaufen… natürlich: Schuhe. Oder Spielsachen. Wir sitzen im Garten auf dem Steinmöbel oder liegen auf der Terrasse und schauen auf den See hinunter. Alles ist vertraut, wir fühlen uns wohl und sind glücklich.
Auch wenn es noch viel mehr gemeinsame Reisen und Erlebnisse gab, komme ich nun so langsam zum Ende meiner gedanklichen Reise und stolpere von der Sonne direkt in den Schnee. Wir befinden uns auf dem Feldberg, in unserer damaligen Ferienwohnung, in welcher wir über zwei Jahrzehnte lang unzählige Winter- und Weihnachtstage sowie Silvester verbracht haben. Die Großeltern sind auch da, wir sitzen abends an Charlys Bar, ich freue mich über die vielen bunten Cocktailschirmchen, die ich regelmäßig sammle und futtere rote Cocktailkirschen und Erdnüsse. Wir kegeln abends oder fahren Ski tagsüber. Wir laufen zum Waldvogel rüber und essen eine Hühnersuppe mit Nudeln. Wir fahren mit dem Schlepper den Zeiger hoch, der Schnee glitzert auf den Tannen, der Himmel ist blau, die Sonne scheint. Meine Finger frieren ein, trotz der dicksten Handschuhe die man für Geld bekommt. Morgens frühstücken wir immer in unserem Esszimmer und gucken raus auf den Schnee. In der Wohnung machen wir es uns abends gemütlich und gucken zusammen fern. An Silvester schauen wir regelämßig Dinner for One und gehen um Mitternacht raus zum Feuerwerk… Wir begrüßen das neue Jahr… Gemeinsam.
Manchmal wünschte ich, ich könnte in der Zeit zurückreisen. Meine Kindheit nochmal erleben. All die Zeit mit meiner Familie noch vor mir haben. Wobei, wüsste ich das dann zu schätzen? Würde ich wie heute darüber denken?! Die Antwort ist: wahrscheinlich ja. Ja. Tatsächlich. Weil ich es damals schon zu schätzen gewusst habe. Vielleicht nicht ganz so bewusst wie heute, aber dennoch.
Auch dieses Jahr werde ich Weihnachten und Silvester mit meiner Familie verbringen. Scheiß auf schlechte Parties oder überteuerte Eventveranstaltungen mit nur bedingt gutem Essen. Familie und Freunde sind das worauf es ankommt! Und WIRKLICH gutes Essen natürlich 😉
Wie habe ich hier in der Karibik vor wenigen Tagen bei einer sehr spirituellen und unglaublich berührenden Yoga-Stunde auf den Klippen vor dem Meer vermittelt bekommen (und ich war bis zu diesem einen Tag eigentlich kein Yoga-Fan):
„Life is a cycle. Life has circles. Kreise schließen sich immer immer. Alles hat seine Zeit. Lebe im JETZT. Denn du weißt nie, ob es ein Morgen geben wird.“
Insofern ist es trotz aller Nachdenklichkeit ganz wunderbar, in all diesen unvergesslichen Erinnerungen zu schwelgen. Denn sie bringen mich wieder ins JETZT zurück. Ich möchte sie nicht missen und ich bin unendlich dankbar, dass ich mich an all die gute Zeit so detailliert mit allen Sinnen erinnern kann. Aber noch viel wichtiger ist der Moment, das HEUTE, und das was wir daraus machen. Nutzt den Tag, nutzt die Zeit, die Euch zur Verfügung steht. Genießt den Moment, genießt die Nähe zu Euren geliebten Menschen, genießt die Zeit, die Ihr mit Ihnen verbringen dürft. Wartet nicht darauf, sie zu sehen oder sie zu besuchen, tut es einfach. Jetzt! Sofort! Ruft sie an, sagt ihnen, dass Ihr sie liebt. Wollt Ihr Euch irgendwann mal mit jemand bestimmtem versöhnen oder jemanden endlich mal wieder besuchen?! Tut es. JETZT! Am besten noch heute! Am besten SOFORT. Denn das „Irgendwann“ wird eventuell niemals kommen. Es wird keinen einzigen besseren Moment geben als JETZT!
Auf diesem Wege möchte ich auch dieses Jahr meiner Familie sagen, dass sie ALLES für mich sind. Dass sie der Sinn meines Lebens sind. Meinen Eltern möchte ich danken, dass sie uns dieses Leben geschenkt haben und alles erdenklich mögliche getan haben und nach wie vor tun, damit es uns so gut geht wie nur möglich. Sie haben uns die Welt gezeigt, sie haben uns zu guten und respektvollen Menschen erzogen, sie haben uns in jeder Sekunde geliebt und uns das auch spüren lassen. Wir konnten uns in jedem einzelnen Moment unseres Lebens zu 100 % auf sie verlassen. Und ja, sie lieben uns auch dann, wenn wir mal unausstehlich sind.
Auch wenn ich leider nie in der Lage sein werde, mich für all das zu revanchieren, will ich einfach, dass sie wissen wie dankbar ich bin. Und dass auch ICH jederzeit und jede Sekunde in meinem Leben für sie da sein werde. Und das gilt garantiert auch für meinen Bruder, der immer für sie da sein wird (Männer haben es ja nur meistens nicht so mit dem emotionalen Mitteilungsbedürfnis, deshalb spreche ich an dieser Stelle einfach mal für ihn mit) und für den auch ICH ein Leben lang IMMER da sein werde. Mein kleiner, großer Bruder.
Unsere Familie ist im Laufe der Zeit ein klein wenig gewachsen, mittlerweile gehören auch meine Schwägerin sowie mein Mann dazu. Und selbstverständlich unser Prinz Linus (der Kater).
ICH LIEBE EUCH!
Alles hat seine Zeit. Alles ist vergänglich. Lebt! Jetzt! Liebt! Jetzt!
☆ Mara
12 Kommentare
Liebe Mara,
Es ist Heiligabend und ich habe einen Moment zum Luftholen.Dieser Moment hat mich zu deinem Beitrag geleitet. Während ich gelesen habe, fühlte ich mich dir ganz nah, denn die Sache mit der Vergesslichkeit, die Sache mit der Nachdenklichkeit und die Sache mit der Dankbarkeit. Die teile ich mit dir. Danke, dass du dies so in Worte fassen konntest.
Ich bin ja ein ganzes Stück älter als du, habe gerade meinen geliebten Papa verloren, und freue mich so sehr, dass dir bereits so bewusst ist, wie wertvoll die Familie und deine Lieben sind. Du hast Recht!
Ganz liebe Grüße
Maren (die heute ein wenig melancholisch ist ;)j
Liebe Maren,
an Weihnachten ist die beste Zeit, um melancholisch zu werden und über vieles nachzudenken.
Ich bin in Gedanken bei dir und drück dich ganz doll! <3
Liebe Mara, dein Beitrag ist wunderschön und ich erkenne mich in vielem was du schreibst wieder.
Wie oft stehe ich im Keller und frage mich was ich da eigentlich suche ?? dann geh ich hoch und, natürlich als ich die oberste Stufe erreiche, erinnere ich mich, um dann wieder nach unten zu tappen…?
Naja, wenigstens bisschen sportlich gewesen ?
Aber eines ist klar, du solltest Mama werden ? ich glaub du wärst eine tolle Mama, die ihrem Kind wahnsinnig viel mitgeben könnte.
Liebe Grüße und schöne Weihnachten wünscht dir,
Ich ☺️
Wie lieb von dir Steffi, dankeschön! 🙂
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Liebste Grüße
Mara
Liebe Mara,
Danke, dass Du uns an Deinen so persönlichen Gedanken teil haben hast lassen. Es war eine wunderschöne Reise, die wir durch Deine Kindheit machen durften und die uns gezeigt hat wie wertvoll Deine Familie für Dich ist. Ich freu mich sehr für Dich, dass Du so reicht beschenkt bist. Frohe Weihnachten. Barbara
Danke liebe Barbara!!
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Liebste Grüße
Mara
Liebe Mara,
Jetzt müsste ich doch ein paar Tränchen verdrücke beim Lesen.
Sehr schön hast Du Deine Gedanken in Worte gefasst.
Man sollte jeden Tag bewusst Leben, morgen könnte es schon zuspät sein …
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein schönes Weihnachtsfest,
Sabine
Vielen vielen Dank liebe Sabine! <3
Ich wünsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Dicker Drücker
Mara
Liebe Mara,
was für wunderschöne Zeilen!! Vielen Dank, dass du uns an deiner Zeitreise, deinen persönlichen Gedanken teilhaben lässt!! Ich musste mir beim Lesen, vor allem die letzten Absäze, ein paar Tränchen verdrücken..
Du hast so Recht, man lebt nur einmal, im Hier und Jetzt – das muss man sich öfter vor Augen führen und ins Bewusstsein rufen…
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein wunderschönes besinnliches Weihnachtsfest, lasst es euch gut gehen und genießt die Zeit!!
Liebe Grüße Martina
Vielen vielen Dank liebe Martina!
Ich hoffe du hattest ebenfalls ein schönes Weihnachtsfest <3
Guten Rutsch ins neue Jahr,
allerliebste Grüße
Mara
Der Bericht ist zwar schon ein paar Jahre alt, und Sie haben bestimmt inzwischen weitere Reisen gemacht, aber ich finde ihn immer noch ganz große Klasse. Ich bin schon etwa doppelt so alt wie Sie und komme dienstlich in viele Ecken der Welt – aber es bleibt oft viel zu wenig Zeit zum Reflektieren. Ich gebe auch zu, dass ich auch ein paar Tränchen verdrücken musste beim Lesen (obwohl ich ein Mann bin) und mich an viele eigene Erlebnisse erinnert habe, die so ähnlich waren. Danke also!
Vielen vielen Dank für diesen wunderbaren Kommentar! Dadurch habe ich meinen eigenen Bericht nun auch nochmal gelesen und konnte, wie damals auch, in der Zeit zurückreisen.
Herzliche Grüße
Mara